Zeit Des Zorns

FSK 12 88 Minuten
Im Kino: Zeit Des Zorns ist am 08.04.2010 gestartet
Heimkino: Zeit Des Zorns ist seit dem 29.10.2010 als Blu-ray und DVD verfügbar

Die Story zu "Zeit Des Zorns"

Ali lebt mit seiner Frau und seiner sechsjährigen Tochter in der Metropole Teheran. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis arbeitet er in einer Fabrik, doch wegen seiner Gefängnisstrafe erlauben ihm seine Vorgesetzten nur, während der Nachtschicht zu arbeiten. Zeit mit seiner Familie kann Ali deswegen kaum noch verbringen. Dennoch versucht er, ein normales Leben zu führen. Von Zeit zu Zeit zieht er sich in die Wälder zurück, wo Stille herrscht und Einsamkeit. Hier, im Niemandsland wilder Natur, geht Ali auf die Jagd. Im Dickicht der Bäume sucht er nach einem möglichen Ziel. Doch die trügerische Ruhe seiner geregelten Lebensbahnen wird herausgefordert, als die Stadt in Aufruhr gerät. Menschenmassen ziehen durch die Straßen und die Tumulte erfassen bald auch Ali und seine Familie. Eines Tages kehrt Ali in eine verwaiste Wohnung zurück – seine Frau und seine Tochter sind spurlos verschwunden. Nach stundenlangem Warten auf der Polizeistation erfährt er schließlich, dass seine Frau bei einer Demonstration erschossen wurde, doch von seiner Tochter fehlt jede Spur. Hilfe kann er von der Polizei nicht erwarten – im Gegenteil, sie verdächtigt ihn, mit den Demonstranten zu sympathisieren. Zwei Tage später wird auch sein Kind tot aufgefunden. Von maßlosem Zorn ergriffen, nimmt Ali sein Gewehr und bezieht Stellung auf einem Aussichtspunkt über den zirkulierenden Highways Teherans. Als ein Polizeiwagen in sein Blickfeld gerät, glaubt Ali sein Ziel gefunden zu haben. Zeit des Zorns ist die Anatomie einer Rache. Mit Bildern, die nach Himmel und Hölle greifen, gelingt Rafi Pitts ein zeitloses, hochsymbolisches und lyrisches Kunstwerk über Stillstand und Bewegung in einem getriebenen Land. Der schon mehrfach preisgekrönte Regisseur lässt aus Entrückung und Schweigen eine fesselnde Leuchtkraft entstehen, er schuf das aufrechte Porträt einer unbefriedeten und unbefriedigten Gesellschaft.

Trailer zu "Zeit Des Zorns"

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Hintergrund

Das Private ist unbedingt politisch in Rafi Pitts jüngstem Film, der nach Zemestan – It‘s Winter und Sanam ein weiteres Mal den politischen Narben und Wunden seiner Figuren nachspürt, den Überlebenden, wie Rafi Pitts sagt. Doch so sehr sich Zeit des Zorns auch auf die früheren Filme Pitts‘ bezieht, ist er doch auch etwas ganz Anderes. Denn nichts weniger als eine Anatomie des Widerstands und der Repression gelingt Rafi Pitts in dem elegisch-melancholischen und doch auch beinah hungrigen und fordernden Zeit des Zorns. Zeit des Zorns fragt nach politischer Handlungsfähigkeit unter den Bedingungen, denen eine global vernetzte, moderne und reaktionäre Gesellschaft unterliegt. Die Jagd des Jägers, den Rafi Pitts in seinem Film selbst verkörpert, ist auf etwas gerichtet, dessen Existenz sowohl im Westen als auch im Nahen Osten immer fragwürdiger wird: die Politik. Hier wie dort ist die Systemfrage unzulässig, scheint die einzige Möglichkeit einer politischen Handlung, den Kreislauf der unaufhörlich zirkulierenden Waren, Informationen, Meinungen zu unterbrechen. In Zeit des Zorns hat die Natur aufgehört, Gegenwelt zu sein, ein Rückzugsgebiet, das man der technisierten Urbanität gegenüberstellen könnte. Die großstädtische Einsamkeit erstreckt sich bis unter die Baumwipfel und an das Lagerfeuer, an dem Ali sitzt. Für Ali gibt es kein Außen mehr, das Rückzug und Distanz, das eine Gegenbewegung denkbar werden ließe. Umso zwingender durchdringt die herrschende Ordnung Alis gesamtes Leben, seine Familie. Und umso problematischer wird das Sprechen über Politik, das Erzählen, das auch für den Filmemacher eine Herausforderung ist und das Rafi Pitts auf so bildmächtige Weise zu überwinden versteht. Auch in Zeit des Zorns ist dieses Sprechen schwer geworden, scheinen die Reden der Machthaber, die Ali beim Autofahren über das Radio erreichen, den gesamten öffentlichen Raum zu besetzen. Der drohenden Paralyse setzt Rafi Pitts die Bewegungen des Jägers entgegen, der zwischen Arbeit, Fabrik, Wald und dem elterlichen Haus kaum jemals stillzustehen scheint und dessen anhaltender Fortschritt erst von den Behörden auf diverse Wartebänke verwiesen werden muss. Doch ob zu Fuß, im Auto, im verletzten Humpeln oder auf abschüssiger Bahn – Ali bewegt sich nur immer tiefer in die Kreisläufe der öffentlichen Ordnung hinein, wird der Hintergrund kein anderer. Pitts hermetische und aufgeräumte Bildräume lassen keinen Zweifel daran, dass die Suche nach einem Ausweg für Ali zu einer Zerreißprobe wird. Zwischen Formalismus und Realismus schichtet Pitts ein Netz betörender Symbolwelten, die sich zu keinem Zeitpunkt selbst genügen und die dennoch stets auf das verweisen, was ungesagt bleibt. Zeit des Zorns ist eine neue Vision vom politischen Kino. Rafi Pitts inszenierte einen Film, der vibriert vor der Gewißheit, dass eines Tages unter den Bildwelten des Kinos die ganze Wirklichkeit hervorbrechen wird.

Schauspieler und Rollen

Rafi Pitts
Mitra Hajjar
Ali Nicksaulat
Hassan Ghalenoi
Manoochehr Rahimi
Ismail Amini Young
Nasser Madahi
Ali Mazinani
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Technik-Details

Bildformat: 35mm/1,85; Ton: Dolby Digital, SR-D