Daniel Craig Exklusiv-Interview zu Verblendung

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FILM.TV Filmexperte Marcus Fliegel hat Daniel Craig in Berlin zu einem exklusiven Interview getroffen und ihn über seine Rolle in Verblendung ausgefragt. Er sagt euch zum Beispiel, ob er die schwedische Filmvorlage kennt und wieso er sich für die Rolle sogar ein bisschen Körpermasse angefuttert hatte.

Marcus Fliegel: Lassen sie mich zu Anfang gleich mal "Danke Schön" sagen. Sie spielen in Verblendung nämlich einen der wenigen guten Journalisten. Im Kino werden die ja oft als eher zweifelhalte Typen geschildert.

Daniel Craig: Das sehe ich anders im Gegensatz zur allgemeinen Meinung.

Marcus Fliegel: Wir könnten schon ein paar Beispiele brauchen, die zeigen, dass Journalismus eine gute Sache sein kann.

Daniel Craig: Auf dem Berufsstand ist in letzter Zeit viel rumgehackt worden. Aber ich glaube es gibt viele sehr gute Journalisten, die für eine gute Sache kämpfen, nicht nur im Westen wo wir eine freie Presse haben, sondern auch in Ländern wo die Presse unterdrückt wird, wo Menschen ihr Leben riskieren um die Wahrheit zu verbreiten. Ich habe enorme Ehrfurcht vor solchen Leuten.

Marcus Fliegel: Einer von denen war auch Stieg Larsson, der Autor der Millennium-Trilogie, Die Filmfigur Mikael Blomkvist, ist ja eine idealisierte Fassung von Larsson. Ist er nicht eine Art intellektueller James Bond ? Er kämpft gegen ganz große Schurken, er kriegt jede Frau die er will, er hat nur keine Waffe.

Daniel Craig: Das sagen sie doch nur weil ich James Bond bin... .Was ich an ihm mag, ist, dass er in seiner Männlichkeit sehr sicher ist. Er ist geradeheraus, er ist ehrlich. Ich denke dass ist einer der Gründe für seine vielen Beziehungen. Im Buch sind es ja noch viel mehr als im Film. Wir haben das etwas zurückgeschraubt. Es ist eine faszinierende Seite seiner Persönlichkeit, dass er bereit ist diese außergewöhnliche Frau sich um ihn kümmern zu lassen, sich von ihr das Leben retten zu lassen. Er hat damit kein Problem.

Marcus Fliegel: Sie haben das Buch gelesen, lange bevor ihn die Rolle angeboten wurde, auch bevor es den schwedischen Film gab. Haben sie damals schon gedacht "Das wäre eine interessante Rolle für mich ?"

Daniel Craig: Der Gedanke kam mir. Ich bin Schauspieler, ich suche immer nach interessanten Rollen, die ich spielen könnte. Als ich ich das Buch las, dachte ich auch das wäre eine gute Rolle - irgendwann mal. Aber es war auch das letzte Mal, dass ich daran gedacht hatte - bis ich das Drehbuch von Sony kriegte. Und jetzt sitzen wir hier.

Marcus Fliegel: Rooney Mara hat sich mehrere Monate in Schweden auf die Rolle vorbereitet. Konnten sie das auch ? Sie sind ja sehr beschäftigt.

Daniel Craig: Nein, den Luxus hatte ich nicht. Ich kam direkt von den Dreharbeiten zu "Cowboys & Aliens". Das hat sich sogar überschnitten. Ich hatte das Drehbuch für "Verblendung" und hing so oft wie möglich am Telefon mit David. Wir haben Kostümproben in New Mexiko gemacht, damit ich bereit war, als ich nach Schweden kam.
Das Problem war, im Winter wird es in Schweden um 15 Uhr dunkel. Die Tage sind also nur 4 oder 5 Stunden lang, wenn man Glück hat. Wir haben in Schweden vor allem Außenaufnahmen gemacht, das heißt man geht in Häuser und steigt aus Autos aus. So haben wir haben uns langsam eingewöhnt, so hatte ich Zeit, in den Charakter einzutauchen.

Marcus Fliegel: Das war ja ein extremer Kontrast von New Mexiko nach Schweden. Dort erlebten sie den kältesten Winter seit Jahren. Und dann haben sie auch noch mit Absicht Gewicht zulegt. Das muß ja besonders schwer gewesen sein, da die Filme so dicht aufeinander folgten. In "Cowboys & Aliens" waren sie ziemlich ausgemergelt , in "Verblendung" sehen sie eher normal aus.

Daniel Craig: Ich wollte einen Mann verkörpern, für den es Wichtigeres als das Aussehen gibt. Er denkt an seinen Job, und daran wer er ist.

Marcus Fliegel: In Deutschland war die schwedische Verfilmung sehr beliebt. Haben sie selbst die gesehen - vor oder nach den Dreharbeiten ? Oder sind sie dem bewußt ausgewichen ?

Daniel Craig: Nein, ich bin nicht ausgewichen. Bevor ich das Drehbuch hatte, lagen alle drei DVDs bei mir zu Hause bereit. Aber als ich die Rolle hatte, dachte ich das wäre schädlich, schob sie beiseite und konzentrierte mich auf das Skript und das Buch.

Marcus Fliegel: Dann sage ich ihnen jetzt mal, dass sie Michael Blomkvist stärker spielen als die Version von Mikael Nyqvist. Sie bedrohen etwa Lisbeth´s Arbeitgeber und platzen aggressiv in ihre Wohnung rein. Stand das so im Drehbuch oder war das ihre Entscheidung ?

Daniel Craig: Ich halte das für seine Stärke. Er ist Journalist, ich denke, in Räume reinzuplatzen ist Teil seiner Berufsauffassung. Er muß aufdringlich sein. Ein guter Enthüllungsjournalist wäre so. Er droht nicht, aber er sagt " Das sind die Fakten, ich lege sie ihnen vor. Was sagen sie dazu ?" Diese Stärke zu haben, diese Fähigkeit, ist ein Teil von ihm. Aber ist kein Macho. Er ist einfach ein Mann und was mich so ansprach war seine Ehrlichkeit. Ich denke das ist auch, was Lisbeth Salander so zu ihm hingezogen hat. Die meisten Männer in ihrem Leben haben sie mißbraucht. Die wenigen die das nicht haben, waren aufrichtig zu ihr und sagen "es ist mir egal wer du bist, ich mag dich und ich brauche dich". Blomkvist sagt "Ich möchte dass du mir hilfst und wenn nicht dann ist das o.k.", obwohl sie sich in seinen Computer gehackt und sein Leben gestohlen hat.

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